Haufenweise Anleitungen zum (guten) Schreiben von diversen Dingen kursieren im Internet und in Büchern. Auch sie wurden geschrieben. Außer, es handelt sich um ein Video. Aber selbst dafür wurde vermutlich zuvor ein Skript geschrieben. SCHREIBEN, meine Lieben! Ja, ich reihe mich gerne ein in die Masse der schlauen Ratgebenden. Doch ich sagte zu mir selbst: Nekro, meine Liebe, warum so konventionell? Und so beschloss ich, dass ich mich zwar in die ellen lange Schlange schaluer Leute einreihe, aber währenddessen wenigstens ein schwarzes Cape mit pinken Punkten trage. Hahah, nimm das, Konvention!
Da ich meistens die immer gleichen, langweiligen Tips lese, die bei weitem nicht für jeden funktionieren, mache ich heute, hier, mal alles anders. Es folgt also meine ungewöhnliche Anleitung zum Schreiben. Auch die wird nicht für jeden funktionieren. Aber für manch einen verrückten Chaoten wie mir vielleicht schon.
Niemand braucht Inhalt
Inhalt? Ja klar, mach dir mal keinen Kopf – du hast doch schon einen, hahaha! Schreib einfach mal. Irgendwas. Banana. Läuft schon. Löse dich von der fragwürdigen Einschränkung, dass man immer wissen muss, was man wie und warum tut. Tu einfach Dinge. Das ist viel einfacher. Außerdem, solange du nur schreibst, kannst du keinen ernsthaten Mist verzapfen. Also SCHREIB! Es kommt nur Nonsense bei raus? Ja und? Wo liegt das Problem? Kein guter Autor – egal ob von Büchern, Abhandlungen, Essays usw. – hat sich hingesetzt, geschrieben und den ersten Entwurf veröffentlicht. Es entsteht viel Müll, wenn man tatsächlich was gutes zu Papier (oder Pixel) bringen möchte. Aber das ist vollkommen in Ordnung. Abfall gehört zum produktiv sein dazu. Und wenn du 20 beschissene Texte über Kaugummis, tickende Armbanduhren und verstopfte Toiletten schreibst, bevor du einen Absatz für dein Buch produzierst – dann klopfe dir auf die Schulter und freue dich über deine Produktivität. Das leere Blatt ist nur so lange leer, wie du glaubst, dass es leer ist. Sobald du aber „Das Blatt ist leer.“ draufgekritzelt hast, stimmt es schon gar nicht mehr! „Das Blatt ist leer. Oh, jetzt nicht mehr. Wie seltsam. Das erinnert mich an Schokolade. Ich mag Schokolade. Ich habe noch zwei Packungen Schokokekse in meinem Nasch-kram-schrank. Wo ich so darüber nachdenke, vielleicht sollte ich ein paar von den Keksen essen. Sie sind rund, braun und mit Schokostückchen bestückt – innen wie außen. Sie riechen nach Schokolade, logischer Weise. Wenn die Abendsonne auf sie scheint, wirkt ihre schokofarbe noch reizvoller auf das Männchen in meinem Kopf, das mir rät, sie lieber schnell wegzumampfen, bevor sie jemand anderes isst.“ Und schwupps, das Papier ist gefüllt und du warst produktiv. Vielleicht ist der nächste Schritt, einem Nebencharakter die Liebe zu Schokokeksen anzudichten, oder dir fällt, jetzt, wo du über die Abensonne geschrieben hast, ein schönes Lied ein, das dir sicher beim Schreiben hilft.
Beweg dich!
Baah, wie langweilig! Fange bloß nicht an, dich jeden Tag nach der Arbeit zwei Stunden vor deinen PC zu setzten und an wasauchimmer zu werkeln. Wie öde ist das denn? Ich mein gut, das ist ab und an tatsächlich eine gute Idee, insbesondere dann, wenn du gerade „voll im Flow“ bist. Aber mal ehrlich: willst du das wirklich jeden Tag? Schnapp dir lieber Stift und Zettel oder was du sonst zum Schreiben mitnehmen kannst (eventuell besitzt du ja wie ich gleich drei dieser elektronischen Schreibgeräte, sammelt sich über die Jahre an, was?) und geh irgendwo hin! Wohin? Egal. Hauptsache du warst da gestern nicht. Oder vorgestern. Im Sommer eignen sich ganz klar alle Wiesen, Wälder und Parkbänke ganz prächtig. Auch belebte Straßen oder Bahnen sind super. Ja! Fahr einfach irgendwo hin. Züge haben, so munkelt man, schon mal einen Schreibenden ziemlich reich gemacht 😉 Doch auch Cafés sind wunderbar, Bars und Einkaufscenter. Selbst für den faulen Stubenhocker gibt es Alternativen: Bett, Sofa, Stuhl mitten im Raum, der Boden (sehr zu empfehlen!), Balkon vielleicht?, vor dem Fenster! In der Küche. Meine persönlichen Favoriten sind Holztreppen und Böden aller Art. Leider sind schöne Holztreppen nicht in jeder kleinen Mietwohnung vorhanden … aber man kann ja zur Not noch darüber schreiben. Oh, und übrigens: auch Sport zwischendurch, Dehnübungen, Yoga usw. machen sich ganz gut 😉
I like trains. (Dies ist ein Gag. Man nutze YouTube. asdf)
Wer braucht schon Word?
Ah, genau. Bevor du schreibst, musst du ja auch festlegen, womit du schreibst. Mir ist es ein Rätsel, warum die Frage, womit man schreiben will, kaum noch gestellt wird. Offenbar ist es vollkommen klar, dass man sich vor sein übliches Schreibprogramm – zumeist Word oder Open (Libre) Office – setzt und los geht’s. Papier zieht schon keiner mehr in Erwägung. Banausen! Nein, nicht weil nicht mehr auf Papier geschrieben wird. Ich muss zugeben, das kann unter Umständen sehr frustrierend sein. Banausen, das ihr nicht mal nachdenkt! Word ist ja ganz gut und schön, aber vielleicht ist das einfach nicht dein Medium. Sei niemals festgefahren! Probier Papier und Stift. Und halte die Augen offen, denn es gibt mehr als nur Word. Viel mehr. Evernote zum Bleistift. Gibt es auch als App. Man kann dort unterschiedliche Notitzbücher mit diversen Notizen erstellen. Sehr praktisch, um seine Recherche, Gedanken, Ideen, Plots und Kapitel an einem Ort zusammenzuhalten – und problemlos überall mit hin zu nehmen. One Note, von Mikroweich, funktioniert so ähnlich, ist optisch noch etwas anders.
Weiterhin gibt es die praktische Seite written? kitten! (einfach mal die Suchfunktion des Browsers bemühen). Goldwert für jeden unmotivierten Hausarbeitsschreiber, aber auch ansonsten wunderbar für jeden, der gerne regelmäßig für sein Treiben belohnt wird. Alle 100 Wörter (variierbar) bekommst du ein Katzenbild (oder ein Bild nach einer selbst gewählten Kategorie). Super niedlich. Die Seite ist zwar auf Englisch, aber natürlich kannst du trotzdem auf Deutsch schreiben. Weiterhin gibt es für die, die zum einen keine ablenkenden Einstellungsmöglichkeiten (fett, kursiv, einrücken, einfügen usw.) sehen wollen, zum anderen stattdessen lieber einen inspirierenden Hintergrund hätten (und nicht das langweilige Interface von Word) das Schreibprogramm namens FocusWriter. Hier kann man alles Störende verbergen und ein beliebiges Hintergrundbild einrichten. Wer sich gerne ordentlich organisieren mag, kann (zusätzlich) zu YWriter greifen. Dort kann man sein Projekt in Kapitel und Szenen gleidern, Personen, Orte und Gegenstände separat notieren und in den entsprechenden Szenen einfügen. Platz für Notizen zu Plot und sonstigem ist dort ebenfalls. Kein optisch anregendes Programm, aber dafür ungemein praktisch. Wer für ein solches Programm auch Geld ausgeben mag, kann sich auch Papyrus oder Scrivener anschaffen. Auch Mindmaps eignen sich hervorragend zum Festhalten und Strukturieren von Ideen und möglichen Entwicklungen der Geschichte/der Arbeit. Genau so wie Zeitstrahlen. Ebenso kann man sich Haftnotzizen mit Ideen an eine Wand oder ein großes Blatt Papier heften und dort sortieren. Probier so viel wie möglich aus, nur so findest du, was dir am besten hilft.
Mit dem Kopf durch die Wand
Undzwar mit RUMMS! Ja, genau so! Flexibel zu sein heißt nicht, dass man nicht mit dem Kopf durch die Wand rennen kann. Lass dich nicht beirren von so banalen Dingen wie Zeitmangel, Ideenlosigkeit oder sonstigen Umständen. Ignorier die Welt und mach dir deine eigene. Bleib stur bei deinem Vorhaben. Versuche es immer wieder. Du wirst vermutlich scheitern. Früher oder später. Irgendwann läuft immer etwas schief, daran kann man nichts ändern. Je länger dein Projekt, desto wahrscheinlicher und häufiger sind Missstände. Das macht jedoch nichts. Denn je häufiger du wieder aufstehst und weitergehst, desto leichter wird es. Irgendwann kommt man nämlich immer ans Ziel. Aber nur, wenn man es nicht aufgibt. Klar, manchmal muss man sich von Dingen lösen und umdenken. Aber das grobe Konzept des Erfolgs, das solst du dir bewahren. Jedes Wort ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Ekel und Hass, machen Spass!
Oh wie gerne ich über schöne Dinge schreibe. Selbstverständlich, denn das ist angenehm und motivierend. Aber manchmal muss oder sollte man sich den blöden Seiten des Lebens zuwenden. Müssen tut man es manchmal, weil jemand einem sagt: Du schreibst jetzt über Thema yxkotzwürg. In diesem Fall mag man sehr frustriert sein, weil einen das Thema doch so gar nicht interessiert. Doch genau das kann neue Perspektiven eröffenen, neue Interessen wecken. Und falls nicht: zur Not kann man sich immer noch über alles lustig machen. Schreibe einfach zwei Verisionen. Eine Satire und eine ernsthafte Variante.
Auch sollte man manchmal über blödes schreiben. Jawohl. Wenn es nämlich um Literatur geht. Bücher und Geschichten sind langweilig, wenn alles rosig zuckerwatte ist. Das heißt nicht, dass unbedingt Mord und Totschlag die Lösung sind, nein nein. Doch ein richtig ekelhafter, grässlicher, fürchterlicher Nebencharakter, den du am liebsten erwürgen möchtest – ja, das wäre doch was! Oder ein Hauptcharakter, der eine äußerst unsymphatische, nervige Eigenart hat. Ein Ereignis, das den Gutmenschen im Leser zum Schreien bringt, weil es einfach so dumm und sinnlos ist – so eben, wie das Leben manchmal spielt. Vielleicht auch eine unangenehme Umgebung. Ein widerwärtiges Abendessen. Habe Mut zum Hässlichen! Nicht jeder Traumprinz ist wunderschön und perfekt, und jede gute Heldin hat ihre Tage. Gib ein bisschen Würze in deine Geschichten. Das macht sie spannender und realistischer. Außerdem ist das eine wunderbare Übung ^.^ Das Blut in wallung bringen und so. (Ich spare mir mal Erläuterungen zur Katharsis)
Als dann, das soll es erst einmal gewesen sein. Was hilft dir, mein lieber Gruftbesucher, am meisten beim Schreiben? Hast du irgendwelche weiteren (unkonventionellen) Tips und Tricks?
Es folgt nun mein letzter Rat: im Zweifelsfall rückwärts denken.
Möge der Regenschirm mit dir sein.
Deine Nekromantika