Ein Monster wie du und ich


Monster in My Closet by AbigailLarson on DeviantArt
Für die Ohren

Viele Kinder haben nachts Angst vor Monstern unterm Bett oder im Schrank.

Mami Mami, da ist ein Monster in meinem Schrank! 

Ich habe mich nie getraut nachzugucken. Da war etwas und es war böse. Weil es gehört da ja nicht hin. Oder? Aber aber, klein Nekromantika. Wenn du nicht nachgeschaut hast, woher weißt du dann, dass es ein Monster ist und keine gute Fee? Hast du es gegrüßt und dich artig vorgestellt? Hat es Zeit gehabt dir zu sagen, ob es böse ist oder nicht? Klein Nekromantika, gib dem Unbekannten ein wenig Zeit, lerne es kennen.

Erwachsene haben nur noch selten Angst vor Monstern im Kleiderschrank. Aber das bedeutet nicht, dass sie keine Angst vor Monstern haben. Außerhalb des eigenen Heims gibt es viele bösartige Kreaturen. Gefährliche, widerwärtige Dinger. Erwachsene müssen das wissen. Sie sind schließlich groß und weise. Dennoch bleiben sie naiv wie ein Kind. Verzeih mir meine beleidigende Wortwahl, aber ich würde sagen, sie sind dumm. Kinder wissen noch nicht, wie sie mit dem Unbekannten umgehen sollen. Erwachsene hingegen haben viel gelernt und erfahren und hatten viel Zeit zum Denken und Kennenlernen, für Bildung und Weiterbildung. Ihr gesunder Menschenverstand kann bis zum 16. bis 25. Lebensjahr gemütlich gereift sein. Viele vernachlässigen das, ignorieren es, bleiben das ängstliche Kind. Das finde ich dumm.

Dann treffen sie auf das Unbekannte. Auf Ausländer, Homosexuelle, Tansgender, Subkulturen, andere Generationen, Kulturen, Delikatessen, 30jährige Jungfrauen, Patchworkfamilien, Lebensstile, Geschmäcker, Kunst, Glaube, Technik, Oldschool, Meinungen, Krankheiten, Probleme, Erfolg, Armut…

Und sie haben Angst. Sie schauen weg, im besten Fall. Sie diskriminieren, schikanieren, demolieren, schreien, pöbeln, beleidigen, verletzen, töten. Zur Dummheit kommt ihre Macht. Während sie als Kinder sich noch unter ihrer Bettdecke versteckten oder das Licht anschalteten, greifen sie nun nach Worten und anderen Waffen, stechen im Dunkeln nach dem vermeintlich Bösen.

Erst schießen, dann reden. Dumm. Gemein. Warum sind Erwachsene gemein? Sieh hin. Geh hin. Frag nach. Viele Monster sind nicht böse. Wenn sie, die schützend ihre Arme ob deiner Attacken heben, die Monster sind: was bist dann du? Wie oft greifendich Homosexuelle an? Wie oft bist du gestorben, als du mit jemand seltsam aussehendes gesprochen hast? Hast du überhaupt mal die Eier gehabt, jemanden anzusprechen, der optisch nicht in dein kleines, eingeschränktes Weltbild passte? Kommen täglich Leute zu dir, und zwingen dir ihren Lebensstil auf? Nein? Was gibt dir dann das Recht dazu, das bei anderen zu tun?

img_0156Du bist nicht der ultimative Maßstab. Du bist nicht normal, nicht gesund, vor allem bist du nicht gut. Wir alle sind Monster für irgendwen. Solange das der Fall ist, mach die Augen auf und schalte dein Hirn an. Wir alle streben nach Freiheit, Glück und Erfüllung, wir alle sind Lebewesen dieses Planeten. Mit dieser negativen ablehnenden Haltung machst du alles nur noch schlimmer. Das Leben anderer wird zur Hölle und deines erbärmlich und traurig. Versuche es mal mit Verständnis und einem Lächeln. Sei freundlich. Dann werden viele Monster zu Freunden. Was ist besser? In ständiger Angst vor dem Monster unter dem Bett leben oder einen neuen Verbündeten und Freund gewinnen?

Sei nicht dumm. Sei das intelligente Wesen, das du immer so stolz behauptest zu sein, Menschheit.

8 Kommentare zu “Ein Monster wie du und ich

  1. Beeindruckender Text. Und ganz Du, Dein Stil, so wie ich ihn bis hierher kennenlernen durfte und sehr schätze. Gefällt mir sehr gut. (Deswegen komme ich auch immer wieder obwohl Du mutmaßlich so „anders“ bist als ich 😉 )

    Schönste Grüße, liebe Hüterin dieser Gruft! 😉

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  2. Ich stimme dir voll zu, das Unbekannte ängstigt und unsere Angst macht uns blind, wie es so schön heißt.
    Diesen Text sollte wirklich jeder lesen! Auch wenn ich mich für aufgeschlossen halte, machte er mich nachdenklich und ein Teil der Kritik trifft mich. Danke also fürs bitter-süße Augen-öffnen.
    Mehr davon ^^

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  3. Sehr interessant. Ich habe mich früher intensiv mit fantastischer Literatur beschäftigt, und eines der Hauptmerkmale ist das Eindringen der Fremdheit in die bekannte Welt. Nach meiner Beobachtung ergibt die Verletzung einer Körpergrenze hohen Angst- oder Ekelfaktor. (siehe Akte X Würmer im Auge, sonstige Parasiten). Meine persönlichen Ängste fingen erst später an (ca. 13), da ging es um Gefressenwerden/verschwinden von Menschen. Ein ganz grundsätzliches Trauma, das mich immer wieder beschäftigt. Das Monster unterm Bett hab ich selber nicht so verfolgt. (Aber schon mal nachgeschaut, auch später).
    „Wir alle sind Monster für irgendwen.“ Ja, ich reblogge dich mal, ich hoffe, das ist dir recht. (den Button gibt es jedenfalls.)

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    • Gerne. Ich freue mich, wenn meine Texte viele Leute erreichen 🙂

      Zu diesem Thema kann man definitiv noch eine Menge schreiben. Sehr spannend wird es auch, wenn man in das Psychologische tiefer eindringt. Deine beschriebenen Ängste zur missachteten Körpergrenze ängstigen auch mich. Parasiten sind wohl mit einer der gruseligsten Dinge für mich.

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