Wahnsinnige Wurst und tyrannischer Tofu – ein glutenfreier Text von freilaufenden Gedanken

Essen. Mund auf, rein damit. Fertig.
So einfach war es früher einmal. Man sammelte Obst und Gemüse und aß es. Man garte später gar sein Essen über dem Feuer – und aß es. Einfach so. Hauptsache man lebte weiter, war irgendwie fit genug für’s Jagen und Sammeln, später fit genug für die Viehaltung, um das Feld zu bestellen. Es ging um die bloße Existenz, um das Überleben. Doch irgendwann…
Ja, irgendwann wurde es so einfach sich zu ernähren, dass man genügend Zeit für andere Dinge hatte. Irgendwann wurde einfach alles so einfach, dass man Zeit für so viele Dinge hatte. Als der allgemeine Wohlstand zu wachsen begann, fing man auch vermehrt an, sich über die kleinen Dinge Gedanken zu machen. Über solche, die nicht überlebensnotwendig waren, aber vielleicht zu einem qualitativ besseren Leben beitragen könnten. Man stellte sich eine, die Welt verändernde Frage. Eine, die unzählige Debatten, Bücher und YouTube-Videos hervorrufen würde:

Was sollte ich Essen? (Trinken?)

Auf einmal war das keine banale Frage mit einer simplen Antwort mehr. So viel gehört heute dazu, so viel muss beachtet werden, möchte man diese Frage beantworten. Ist Gluten nun gesund oder nicht? ‚An apple a day, keeps the doctor away‘ – wirklich? Was ist moralisch richtig? Leiden die Tiere, wenn wir sie schlachten? Darf man Tiere töten? Ist der Mensch ein Fleisch-, Alles- oder Pflanzenfresser? Können wir die Nährstoffe im Fleisch/tierischen Produkten nicht mit anderen Dingen ersetzen? Ist Massentierhaltung okay? Zerstören wir langfristig unseren Planeten, wenn wir weiterhin so viel Viehzucht betreiben? Welche Nährstoffe braucht der moderne Mensch wirklich? Sollte man seine Nährstoffe aus Lebensmittlen beziehen, oder ist es besser, Nahrungsergänzungsmittel (Chemie?) dazu zu nehmen, um tierische Produkte zu vermeiden? Sollte ich meine Katze vegan ernähren? Isst der Veganer den Fleisch-Menschen die Nahrung weg, oder ist die Nahrung der Fleisch-Menschen den Veganern die Nahrung weg? Sollte ich Produkte aus meiner Region kaufen, oder ist das im Endeffekt egal? Ist tatsächlich alles Bio, wo Bio draufsteht und was ist an Bio denn anders? Ja, mein lieber Gruftbesucher, ich kann noch zich weitere Fragen aufzählen.

Doch belassen wir es mal dabei, ich denke, du verstehst, was ich meine. Es gibt mindestens so viele Antworten, wie Fragen. Teils wissenschaftlich belegt (also die ganzen Biologen, Chemiker und wasweißichalles), teils philosophisch untermauert (undzwar sinnvoll untermauert), teils subjektiv und intuitiv. Grob gesagt gibt es drei Positionen (die ganzen Ernährungstrends wie low/high carb usw. mal ausgenommen):
– Fleischesser/Allesesser
– Vegetarier
– Veganer
Und es gibt, meines Erachtens nach, zwei grobe Kategorien, wie man für sich selbst die Frage beantworten kann: praktisch und philosophisch/moralisch. Schauen wir uns mal die drei Standpunkte genauer an.

Fleischesser bzw. Allesesser denken entweder nicht über diese Frage nach, oder ihnen ist es vollkommen egal, sie ignorieren die Frage bewusst, oder sie haben (gute) Gründe für ihre Position. Was sind gute Gründe dafür, Tiere zu züchten und zu töten? Man braucht die Nährstoffe in tierischen Produkten. Ja, das ist sogar wissenschaftlich erwiesen, soweit ich informiert bin. Außerdem schmecken Fleisch, Eier, Joghurt, Milch, Käse usw. nun einfach. Daraus ergeben sich zwei neue Fragen: Wie viele tierische Produkte benötigt man, um a) sich gut zu ernähren und b) glücklich zu sein? Darauf kann ich keine eindeutige Antwort geben. Doch ich wage zu behaupten, dass man weder jeden Tag Fleisch, noch jeden Tag tierische Produkte braucht. Weder notwendig noch optional. Stichwort Alternativen. Horizont erweitern. Es gibt so viele schöne Alternativen. Nicht nur das Sojaschnitzel, nein lange nicht. Stattdessen sollte man sich auf Gemüse aller Art einlassen, und ja, gelegentlich auch auf Sojaprodukte, denn: für die Fleischproduktion (Tierfutter usw.) geht wesentlich mehr Soja drauf, als für den Veganer 😉
Ich persönlich halte es auch für moralisch falsch, viel Fleisch zu sich zu nehmen. Auch für falsch, sehr viele tierische Prudukte zu konsumieren. Das ist eine ganz persönliche Meinung. Zum einen ist der Tod eines Lebewesens nicht in Ordnung, wenn es nicht sein muss. Isst man nur aus Lust und Laune Fleisch, tötet man Tiere, einfach, weil es einem Spaß macht. Ich finde, ein Leben ist zu wertvoll. Mehr noch: wir sind auch nur Tiere. Wenn mächtige Aliens zu uns kämen und Menschen äßen, wäre ich auch nicht damit einverstanden, täten sie es aus Jux und Dollerei. Auch Massentierhaltung ist bedenklich: Tierquälerei. Man kann sich die Aliens auch hier denken.

Vegetarier verzichten auf Fleisch, manche auch auf Fisch. Ist Fisch auch Fleisch? Keine Ahnung. Die Argumente der Vegetarier sind so individuell, wie Menschen es nun einmal sind. ‚Ach, die süßen Tierchen darf man doch nicht töten‘ oder ‚Methan! Reduziert den Methanausstoß!‘ oder auch ganz anders: ‚Eine vegetarische Ernährung ist gesünder/natürlicher‘. Tja, nun, letzters ist unbewiesen. Allgemein gibt es für alles Studien dafür und dagegen. Das Methanargument kann ich nachvollziehen und halte es für sinnvoll, sich um die Umwelt Gedanken zu machen. Süße Tierchen aber? Nunja, natürlich sind sie süß, vor allem die Baby-Tierchen. Doch wenn man’s brauch, wenn es sein muss … dann esse ich auch ganz bewusst ein Kaninchen. Die meisten Vegetarier-Argumente sind nicht schlecht. Doch was ich mich frage ist: muss man wirklich komplett auf Fleisch verzichten? Reicht es nicht auch, seinen Konsum zu reduzieren? Auf ein bis zwei Mal die Woche Fleisch, als Beispiel? Wenn das jeder täte, wären manche Probleme vermutlich gelöst…

Veganer sind Vegetarier, finden aber tierische Produkte in jeder Hinsicht blöd, salopp gesagt. Nicht nur Fleisch fällt da weg, auch Käse, Joghurt, Milch, Ei, Leder usw. Die Argumente überschneiden sich mit denen der Vegetarier. Manche glauben, die Ernährung sei so besser, andere fühlen sich als bessere Menschen, wieder andere sehen es als ihre moralische Pflicht. Häufig gebe ich Veganern in den meisten Punkten Recht, wie auch bei Vegetariern. Doch auch hier stellt sich die Frage: ist ein Komplettverzicht die Lösung? Klar ist: man hat große Probleme, alle für den Körper nötigen Nährstoffe zu sich zu nehmen. Meistens muss man sich Tabletten oder Pulverchen bedienen, um alles intus zu haben, was man braucht. Definitiv nichts, was mir gefällt. Auch kann eine vegane Ernährung teuer werden. Teurer, als ein Student es sich leisten kann. Aufwändig zudem, braucht man doch entweder viel Gemüse daheim, oder Ersatzprodukte für all das Tierische: sopntanes Kochen wird eine Herausforderung und das geplante Kochen kann unter Umständen länger dauern. Für jede Einladung muss meisten selbst für die Ernährung gesorgt werden, oder man stellt „Ansprüche“.

Was ist mein Fazit?
Allesfresser leben das praktischste Leben. Sie stellen keine Ansprüche, essen das, was da ist/günstig ist usw. Alle anderen sind gewissermaßen im Nachteil. Was jedoch die moralische Seite der Nahrungsaufnahme betrifft, so positioniere ich mich eindeutig in der Mitte: Fleisch und andere tierische Produkte sind okay, aber nur in geringen Maßen. Und wenn man schon wenig Fleisch ist, dann kann man auch gerne zu den teuren Produkten von der Theke oder direkt vom Schlachter greifen, denn dann fördert man noch am ehesten eine akzeptable Tierhaltung. Außerdem schmeckt es besser, wirklich, ich habe es getestet. Generell ist es, schaut man sich ein wenig um und testet die Alternativen aus, gar nicht so schwer, viel vegetarisch und vegan zu essen. Es macht sogar Spaß und ist sehr lecker. Man muss dem Veganen nur eine Chance geben und sich nicht gleich gegen alles sperren, nur, weil man Sojamlich nicht mag. Denn der vegane Speiseplan besteht aus so viel mehr, als Sojamlich! Und das gute Steak oder die frische Salami vom Schlachter muss ja auch nicht ganz wegfallen.
Ich plädiere für eine bewusste Ernährung. Egal, wie man sich entscheidet, man sollte gute Gründe haben. Also, mein lieber Gruftbesucher, warum bist du Allesesser/Vegetarier/Veganer?

Bleib gruftig
Nekromantika

3 Kommentare zu “Wahnsinnige Wurst und tyrannischer Tofu – ein glutenfreier Text von freilaufenden Gedanken

  1. Hallo Nekromantika!

    Ich finde es gut, dass du dich in deinem Artikel mit einer für dich angemessenen Ernährungsform auseinandersetzt. In Zeiten, in denen Essen so viel mehr ist als einfache Nahrungsaufnahme, ist dies ununterschätzbar wichtig.
    Gut finde ich auch, dass du dich kritisch mit der Massentierhaltung auseinandersetzt und dich tendenziell dagegen positionierst.

    Weniger gut finde ich deine Thesen über den Veganismus – da ich sie aus Erfahrung nicht teilen kann und viele Veganer*innen kenne, denen das ebenso geht. Sieh‘ die folgenden Ausführungen bitte nicht als Angriff – ich möchte hier niemanden missionieren, sondern nur einige Dinge aus meiner Perspektive richtig stellen. 🙂

    „Meistens muss man sich Tabletten oder Pulverchen bedienen, um alles intus zu haben, was man braucht.“
    – Nein, das muss man nicht. Das Einzige, was zugeführt werden muss, ist B12, weil der menschliche Körper das von sich aus nicht produziert. Doch das ist bei Omnivoren und Vegetariern ebenfalls ein Problem – nur wird hier überhaupt nicht darüber gesprochen. Denn das B12, das ein „Fleischesser“ aufnimmt, erhält er nicht „von Natur aus“, sondern auch nur, weil es seinerseits den Kühen künstlich zugeführt wird. Im Endeffekt handelt es sich also um denselben Grad an „Unnatürlichkeit“, der bei sämtlichen Ernährungsformen vorhanden ist. (Inwiefern man in der heutigen Zeit außerdem von „natürlicher Ernährung“ sprechen kann, sei einmal dahingestellt.)

    „Auch kann eine vegane Ernährung teuer werden. Teurer, als ein Student es sich leisten kann.“
    – Kann, muss aber nicht. Wenn ich nur noch im Reformhaus einkaufe und die tollsten und angesagtesten Superfoods haben möchte, dann wird eine pflanzliche Ernährung natürlich teuer. Wenn ich nur noch von Convenience-Produkten lebe, dann ebenfalls. Wenn ich stattdessen aber auf eine vollwertige, saisonale und ausgewogene Ernährung achte, dann kann ich mit veganer Ernährung genauso kostengünstig leben wie mit einer omnivoren. Das ist alles eine Frage der individuellen Schwerpunktsetzung.

    „Aufwändig zudem, braucht man doch entweder viel Gemüse daheim, oder Ersatzprodukte für all das Tierische: spontanes Kochen wird eine Herausforderung und das geplante Kochen kann unter Umständen länger dauern.“
    – Viel Gemüse ist von Vorteil, das stimmt. Auch das tägliche Selber-Kochen nimmt natürlich Zeit in Anspruch. Warum das aber ein Argument gegen vegane Ernährung sein soll, ist mir nicht ganz klar – denn eigentlich ist Selbst-Kochen doch für alle Ernährungsformen äußerst empfehlenswert, oder? Und ich finde, für so etwas Wichtiges darf und sollte man sich durchaus die Zeit nehmen. Wohingegen es übrigens auch unglaublich viele Gerichte gibt, die gesund und schnell zubereitet sind: Suppen, Eintöpfe, Pasta-Gerichte, Salate, Gemüsepfannen…
    – Ersatzprodukte braucht man nicht. Das ist ebenfalls ein weit verbreiteter Irrglaube und wird durch die Industrie gerade massenhaft unterstützt. Man kann als Veganer*in wunderbar ohne Tofu, künstlichen Ei-Ersatz und abgepackte Soja-Würstchen leben. In der Regel lebt es sich ohne sogar besser – und gesünder.

    So – jetzt habe ich diese paar Sätze ordentlich auseinandergenommen – das geschieht aber nicht in böser Absicht, sondern nur, weil ich dir eine neue Perspektive auf den Veganismus eröffnen möchte. Ich hoffe, du fasst das – wie gesagt – nicht als persönlichen Angriff oder so auf. 🙂

    Liebe Grüße
    Jenni

    Gefällt 1 Person

    • Wo keine Beleidigungen sind, ist kein Angriff.
      Ich danke dir für deinen Kommentar und gebe dir im ersten Punkt Recht. Meine Formulierung klingt stärker, als ich sie meinte. Allerdings lese ich immer wieder, wie viele für den Körper wichtige Stoffe in tierischen Produkten enthalten sind und wie aufwändig es wird, sie anderweitig zu sich zu nehmen. Nüsse, Samen und eine größere Bandbreite an Gemüse muss hinzugezogen werden. Da ich absolut kein Ernährungsexperte bin, kann ich das nicht genau beurteilen. Die Menge solcher Artikel in Zeitschriften, Blogs und Vlogs erwecken jedoch den Eindruck, dass zumindest etwas dran ist. Vielleicht tatsächlich nicht die ganz große Komplexität, die ich sehe. Die Sache mit dem B12 klingt interessant, dazu werde ich mir wohl mal etwas anlesen.
      Natürlich hast du Recht, wenn du sagst, dass eine vegane Ernährung auch kostengünstig ausfallen kann. Daran habe ich mit dem „kann“ auch gedacht. Was ich nicht erwähnte, aber eigentlich vorwiegend damit meinte, ist, dass dies dann einen größeren Aufwand erfordert. Keiner, den man nicht überwinden kann, aber einer, der mich tatsächlich abschreckt. Ich habe bereits so meine Probleme damit, immer auf dem Schirm zu haben was gerade Saison hat und wo es Angebote gibt. Mich überfordern sowieso die riesigen Supermärkte, muss ich zugeben. Hinzu kommt die Zeit der Recherche, welche Nahrungsmittel was beinhalten, zumindest so grob, für eine ungefähre Übersicht.
      Vermutlich kenne ich dann einfach nur die Veganer, die sehr viel Tofu usw. essen. Selbstverständlich ist selbst kochen immer eine gute Idee und kostet Zeit. Vielleicht kenne ich nicht genügend schnelle vegane Rezepte. Jedenfalls kochen die Veganer in meinem Umfeld recht aufwändig und lange und das finde ich im Internet auch immer wieder. Mir persönlich ist die halbe bis ganze Stunde des Kochens zwar wert, aber zu mehr habe ich einfach meistens keine Zeit – und mein Magen wartet auch nicht ewig. Jedoch kenne ich selbstverständlich nicht hunderte Veganer, insofern kann mich meine persönliche Erfahrung sehr wohl täuschen. Wenn du jedoch sagst, dass das alles gar nicht so schlimm ist, so werde ich wohl mal deinen Blog besuchen. Wie ich beim kurzen stöbern gesehen habe, kann ich dort einen genaueren Einblick auf deine Perspektive gewinnen.

      Ich danke dir für deinen Beitrag.
      Gruftige Grüße
      Nekromantika

      Gefällt 1 Person

  2. Pingback: Foodporn – ohne porn, sonst müsste ich eine FSK-Angabe machen | Alltagsfreak

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